Alumni Management
Alumni Management als Instrument im Hochschulmarketing
Eine sich zunehmend virtualisierende Welt, steigende Mobilität und die anhaltende Globalisierung machen aktives Handeln sowie die Kooperation zwischen Menschen – sowohl privat als auch beruflich – unverzichtbar. Internationale Konkurrenz und rasanter technischer Fortschritt fordern stetig neue Strategien zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen.
Diese Entwicklung macht auch vor deutschen Hochschulen nicht Halt, denn Universitäten müssen sich auf dem Markt gleichermaßen behaupten, um ihr Fortbestehen zu erhalten und auszubauen. Daher ist es heute unumgänglich, Paradigmen des Web 2.0 und Social-Networking-Ansätze in Unternehmensumfeldern, Organisationen und in der Alumni-Arbeit zu entwickeln, um daraus Vermarktungsstrategien und rentable Konzepte abzuleiten.
Alumni Management als neues strategisches Geschäftsfeld im Hochschulmarketing
Diesem Umstand entwächst die Empfehlung verschiedener Hochschulreformkonzepte sowie des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE), kommerzielle Marketing-Strategien eben auch auf das Hochschulsystem anzuwenden. Eine langfristige, rollierende und nachhaltige Marketingplanung kann hier nur zielführend sein. Die Marketing-Instrumente verschaffen den Bildungseinrichtungen Wettbewerbsvorteile bezüglich der Studierendenumwerbung, der Ansprache qualifizierter Professoren, Förder- und Sponsorengeldern sowie der Subvention durch die begrenzten finanziellen Mittel von Bund und Ländern. Die Professionalisierung der Alumni-Arbeit eröffnet ein neues strategisches Geschäftsfeld des Hochschulmarketings, welches es zu nutzen gilt, um alternative Finanzierungen zu ermöglichen. Veränderungen im Mediennutzungsverhalten, das Mobile-Web und die Datenschutzbestimmungen stellen die Hochschulen in der internetbasierten Kommunikation vor neue Herausforderungen.
Die Kontaktpflege zu Hochschulabsolventen über soziale Netzwerke und Alumni-Portale
Welche Chancen und Grenzen bieten Soziale Netzwerke den Hochschulen, ihre Reputation zu stärken, Alumni zu rekrutieren und ihre Studierenden frühzeitig zu binden?
Nach einer Empfehlung der HRK zur Gründung von Absolventenvereinigungen im Jahr 1997, haben deutsche Hochschulen nahezu ausnahmslos Initiativen ins Leben gerufen, um die systematische Alumni-Arbeit auszubauen. Diese Entwicklung hält seitdem an, was die Gründung von Hunderten von Ehemaligenvereinigungen in den letzten Jahren bestätigt. Die Dachorganisation alumni-clubs.net e.V. vereint im deutschsprachigen Raum über 230 Hochschulen und deren Alumni-Institutionen. Jedoch ist anzumerken, dass in Deutschland nur wenige Einrichtungen den Grad an Professionalität erreichen, der für den Aufbau engmaschiger Netzwerke notwendig ist. Ebenso fehlt es oftmals an einer Verortung und ernsthaften Einbindung des Alumni-Managements in der Organisationsstruktur sowie der Einbindung in die vorhandene Marketing- beziehungsweise Kommunikationsstrategie der Hochschulen.
Die Politik hat in den letzten Jahren die Autonomie und Eigenverantwortung der Hochschulen deutlich gestärkt. Im Rahmen des Bologna-Prozesses wurden Hochschulen in ihrer Profilbildung sowie Wettbewerbsfähigkeit gefördert, neue Studienabschlüsse wie Bachelor und Masterprogramme eingeführt und die Vergleichbarkeit der Hochschulleistungen hergestellt. Die Hochschulen versuchen seit der Umsetzung des Bologna-Prozesses ihre Profile und Studienangebote im innerdeutschen und internationalen Wettbewerb zunehmend zu schärfen und zu kommunizieren.
Studierende, Alumni, Forscher und Young Professionals nutzen Soziale Netzwerke als tägliches Kommunikationsmittel. Sie treffen Freunde, Kollegen, Kommilitonen auf XING und Facebook, bewerten, empfehlen und „liken“ Produkte in Foren, abonnieren Blogs und twittern über Handys. Sie gehören zu den so genannten „Digital Natives“, die mit Social Media stets online, weitläufig vernetzt sowie immer und überall erreichbar sind. In Zeiten des veränderten Mediennutzungsverhaltens wird klar: Hochschulen müssen die Herausforderungen der Sozialen Netzwerke angehen, wenn sie den Kontakt zu ihrer Zielgruppe halten wollen. Das gilt vor allem für das Studierendenmarketing, Berufungsmanagement, Fundraising, Forschungsmarketing und die Alumni-Arbeit, da z.B. Studienentscheidungen oder Job-Auswahlen zu den High-Involvement-Entscheidungen zählen, die von Informationen in Sozialen Netzwerken beeinflusst werden.
Social Employer Branding & Social Media Recruiting
Hochschulen sowie Unternehmen können in Sozialen Netzwerken ihren Bekanntheitsgrad bei Studierenden und Hochschulabsolventen steigern und sich als attraktive Arbeitgebermarke positionieren. Dies bezeichnet man als Social Employer Branding beziehungsweise als Social Media Recruiting. Dabei können Hochschulabsolventen über soziale Kontakte, Facebook Ads, XING-Stellenanzeigen oder über Facebook-Karrieresites gewonnen werden. Wie ein Student oder Hochschulabsolvent ein Unternehmen wahrnimmt, hängt stark von seinen individuellen Präferenzen ab. Entscheidend ist aber auch, wie sich die Institutionen in den sozialen Medien darstellen, zum Beispiel in puncto Offenheit, Teamwork oder Arbeitsatmosphäre.
Entwicklung der Hochschulabsolventen auf Facebook und XING
Die strategische Positionierung einer Employer-Brand- oder einer Social-Media-Recruiting-Kampagne bedarf einer detaillierten vorherigen Analyse, dem Wissen über Wettbewerber, den Markt und die Kenntnis über die Reichweite der gesuchten Hochschulabsolventen in den sozialen Medien. Wie hoch ist das Potenzial, das in den Alumni-Netzwerken der Hochschulen und in den führenden Sozialen Netzwerken steckt?
Wie hoch ist die Reichweite der deutschen Hochschulabsolventen auf Facebook? Wieviele deutsche Hochschulabsolventen geben in ihrem Facebook-Profil oder in ihrem Business-Profil auf XING ihre ehemalige Hochschule und ihren Studienschwerpunkt wirklich an?Das Team von www.hochschulmarketing-news.de hat dazu XING und Facebook hinsichtlich der Hochschulabsolventen-Reichweiten untersucht und das erste Facebook-Hochschulranking entwickelt.
Auf dem führenden Business-Netzwerk XING gibt es derzeitig über 4.286 Gruppen in der Kategorie Hochschulen (Stand Januar 2013). Die Top 20 dieser „XING-Hochschulgruppen“ sind nach Mitgliederzahlen bis auf zwei Ausnahmen ausschließlich Alumni-Gruppen. Die Reihenfolge erscheint überwiegend schlüssig, große Hochschulen wie Köln, Münster, Hamburg oder Bochum sind besonders stark vertreten. Umso mehr wundert es, dass beispielsweise die Ludwig-Maximilians-Universität in München mit derzeitig 2.332 Gruppenmitgliedern hinten ansteht. Kurz hinter Mannheim ist die Universität Leipzig mit 5.738 Gruppenmitgliedern als erste ostdeutsche Universität vertreten. Bemerkenswert sind die Entwicklung und das gute Abschneiden der Aachener Alumni. Die Quote von gegenwärtig eingeschriebenen Studenten (ca. 35.000) zu den 12.635 bei XING eingeschriebenen Graduierten (die natürlich alle Jahrgänge umfassen) fällt mit 3:1 besonders netzwerkfreundlich aus.
Hinsichtlich der Entwicklung der Alumni-Gruppen auf XING ist zu beobachten, dass einige Hochschulen vermehrt das Business-Netzwerk XING als weiteren Kommunikationskanal in der Alumni-Arbeit nutzen. Die Hochschulen haben erkannt, dass die Alumni eine bedeutende Zielgruppe darstellen und zukünftig zu den Partnern, Multiplikatoren und Botschaftern der Hochschulen zählen, potenzielle Nutzer von Weiterbildungsangeboten sind oder der Einrichtung durch finanzielle Unterstützung dienlich sein können.
Anders als bei den XING-Alumni-Gruppen pflegen über 2.927.060 Facebook-Mitglieder, die in Deutschland leben ihre Alma Mater im Facebook-Profil. Ein Reichweitenvergleich der Facebook-Mitglieder, die in ihrem Facebook-Profil im Oktober 2010 und September 2012 ihre Hochschule gepflegt haben zeigt, dass einige Hochschulen ihre Reichweiten innerhalb der letzten zwei Jahre mehr als verdoppeln konnten. Führend sind die Ludwig-Maximilians-Universität München, Freie Universität Berlin, RWTH Aachen und die Universität Heidelberg, die alle über 30.000 Hochschulabsolventen auf Facebook aufweisen.
Mit Targeting zielgenau Hochschulabsolventen erreichen?
Soziale Netzwerke sind für ihre hohen Reichweiten und Ressourceneffizienz bekannt. Doch hat das Social Media Recruiting das Potenzial, teure Stellenanzeigen oder Messebesuche zu ersetzen?
Die wachsenden Mitgliederzahlen an Hochschulabsolventen auf Facebook, sowie das genaue Targeting erlauben es, die perfekte Zielgruppe nach Hochschule, Studiengang, Alter und Wohnort einzugrenzen. Das Ergebnis kann eine günstige und sehr effektive Kampagne sein. Ein Beispiel: Sie adressieren Ihre Anzeige ausschließlich an Hochschulabsolventen und Studierende der RWTH Aachen mit einem Abschluss in Ingenieurswissenschaften im Alter zwischen 21 und 25 Jahren, die im Umkreis von 50 Kilometer um Aachen leben.
Einige Hochschulen in Deutschland haben erkannt, dass die Alumni eine bedeutende Zielgruppe des strategischen Hochschulmarketings darstellen und zukünftig zu den Partnern, Multiplikatoren und Botschaftern der Universität zählen, potentielle Nutzer von Weiterbildungsangeboten sind oder der Einrichtung durch finanzielle Unterstützung dienlich sein können. Durch gezielte Ansprache der Alumni lassen sich hohe Teilnahmequoten im Bereich der Fort- und Weiterbildung erzielen. Durch den Rückgriff auf bestehende Daten und unter Zuhilfenahme von zielgruppenspezifischen Selektionskriterien bietet der Bereich der Alumni einen ständig wachsenden und ständig erneuerten Kreis potenzieller Teilnehmer, der kostengünstig erreicht werden kann. Die Ausstattung mit Geld ist hierbei nicht der wichtigste Faktor, da eine Zahlungsbereitschaft vorausgesetzt werden kann. Wichtiger ist die Bereitstellung von Informationen über das Netzwerk und somit die Schaffung von Aufmerksamkeit für die verschiedenen Angebote.
Grenzen der Kontaktpflege über die Sozialen Netzwerke
Für selektierte Hochschulabsolventen eine Anzeige zu schalten ist keine Kunst. Fraglich aber das Ergebnis. Ebenfalls zeigen die Absolventenreichweiten in den Sozialen Netzwerken Grenzen auf. Auf XING können in der DACH-Region maximal 320.000 Studenten und Absolventen erreicht werden, wobei diese überwiegend aus den Fachrichtungen Ingenieurwesen, Betriebs- und Volkswirtschaftslehre, Informatik, Rechtswissenschaft und den Medienwissenschaften stammen. Die fehlenden Angaben der Fachrichtung und Hochschule in den Online-Profilen sind dabei auf das kognitive und emotionale Commitment der Alumni zur Bildungseinrichtung zurückzuführen. Direkten positiven Einfluss auf das emotionale Commitment haben die Integration in das akademische sowie in das soziale System der Hochschule, die wahrgenommene Qualität der Lehre und das Hochschulimage. Demnach sind unter den Top 20 Hochschulen auf Facebook überwiegend namenhafte, traditionelle und Universitäten der Excellence-Initiative aufzufinden.
Hinsichtlich der Entwicklung des Social Web und des Enterprise 2.0 in Richtung Social-Relationship-Management ist zu beobachten, dass Hochschulen und Netzwerkbetreiber weitere Softwarelösungen zur Datenhaltung entwickeln. Seit Dezember 2012 ist bei XING die öffentliche Version der Programmierschnittstelle („Application Programming Interface“, kurz: API) online. Die API ermöglicht den Zugriff auf ausgewählte Bestandteile der XING-Plattform und die Integration dieser in andere Programme oder Webseiten. Dabei ist die Integration in E-Mail-Programme genauso denkbar wie in CRM-Systeme der Hochschulen. Solche Entwicklungen stellen die Hochschulen und Alumni-Organisationen vor neue Herausforderungen in der Online-Kommunikation. Aus diesem Grund weisen Alumni-Organisationen und Hochschulen eine große Spannweite in Bezug auf Umfang, Reichweite und Professionalisierung der Alumni-Arbeit auf. Die Spanne reicht von sehr kleinen Datenbanken und Softwarelösungen mit geringen technischen und inhaltlichen Anforderungen bis hin zu umfangreichen Verwaltungsfunktionen, die im Backend den Administratoren zur Verfügung stehen.
Bei einer Professionalisierung und Integration der Alumni-Arbeit in die Gesamtkommunikationsstrategie der Hochschule, ist eine simple und einheitliche Alumni-Softwarelösung nicht denkbar. Für Software-Anbieter erschwert dies die Entwicklung von Anwendungslösungen und endet in speziellen und differenzierten Ergebnissen in Modulbauweise. Für die Alumni-Organisationen und Hochschulen leitet sich daraus ein fallweise hoher Auswahl- und Anpassungsbedarf ab. Weiterhin ist fraglich ob Bindungsinstrumente wie zum einen die lebenslange Uni-Email und zum anderen ein „exklusives Alumni-Netzwerk“ auf den Uni-Webseiten, die Innovation der führenden sozialen Webnetzwerke und die Anforderungen der Alumni erfüllen. Demnach kann nur spekuliert werden, wie sich die Social-Software-Lösungen und die Services der führenden sozialen Netzwerke für Hochschulen entwickeln.