Studierendenmarketing
Herausforderungen für ein nachhaltiges Studierendenmarketing im Zeitalter von Web 2.0, Facebook, Youtube und XING
Es gibt eine Vielzahl internationaler Studien im Bereich des Studierendenmarketings, die ganz unterschiedliche Forschungsschwerpunkte gesetzt haben. Relevant für ein effizientes und nachhaltiges Studierendenmarketing sind insbesondere Erfolgsmessungen von Recruiting-Maßnahmen, die sich mit der Wirksamkeit von Maßnahmen der Hochschulen sowie der Informationssuche und -verarbeitung von potenziellen Studierende beschäftigen. Zur Studienwahlentscheidung gibt es nur wenige umfassende Studien, die Hinweise auf das Mediennutzungsverhalten von Studieninteressierten und zur Wirksamkeit von Online-Maßnahmen in der Orientierungs- und Entscheidungsphase von Studieninteressierten geben. Für das Informationsverhalten von Jugendlichen sowie das Rechercheverhalten von Studieninteressierten sind die JIM-Studie, Gate Germany, sowie die staatlich geförderte Hochschul-Informations-System GmbH (HIS) und das gemeinnützigen Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) zu nennen, denen eine wesentliche Rolle bei der anwendungsorientierten Hochschulforschung zuzuschreiben ist. Diese Institutionen haben ausführliche Studien zum Entscheidungs- und Informationsprozess von Studieninteressierten durchgeführt. Auch die Studie Krawietz über „Wahlmotive der Studienanfänger und Bewertung des Studienorts“ enthält Fragestellungen zum Informationsverhalten. Eher qualitativ angelegt ist dagegen die Untersuchung „Studienwahl Ost“ von Hermann. Die Befragung westdeutscher Studierender an ostdeutschen Hochschulen stützt sich auf sieben Interviewpartner und kann nur bedingt zu vertiefenden Informationen beitragen. Über die Erkenntnisse weniger Studien zum effizienten E-Recruiting im deutschen Hochschulkontext, weisen die wissenschaftliche Grundlagenforschung und die anwendungsorientierte Hochschulforschung im Studierendenmarketing und E-Recruiting deutliche Defizite auf. Zugleich lässt sich in Anlehnung an die Handlungsempfehlungen von Gate Germany konstatieren, dass deutsche Hochschulen i. d. R. keine strategischen und nachhaltigen Maßnahmen zur Verbesserung der Informationsarbeit in der Studienberatung verfolgen, sondern vielmehr noch weitgehend am Anfang dieser Entwicklungen stehen. Dies zeigte sich ebenfalls auf der GIBeT Jahrestagung 2012 in Leipzig. Die GIBeT hat sich u. a. als Ziel die Weiterentwicklung und Professionalisierung der Studienberatung an Hochschulen gesetzt. Auf der Jahrestagung vom 5. bis zum 7. September 2012 zum Thema „Studienberatung im Zeitalter von Web 2.0“ zeigte sich, dass erst wenige Studienberatungen einen kleinen Teil des möglichen Potenzials für die Online-Kommunikation und über interaktive Medien wie Chats, Blogs, Foren, Facebook und StudiVZ einsetzten.
„Push-Strategien“ und Einwegkommunikation im Studierendenmarketing
Es scheint, es sei bei den Studienberatungen und den klassischen Pressestellen der Universitäten noch immer nicht angekommen, dass Informationen „Rund ums Studium“ eigentlich seit jeher eine Bringschuld darstellen und Informationen und Botschaften dort platziert werden müssen, wo ihre Zielgruppe zu erreichen ist.
Viele Universitäten mit ihren Pressestellen und Studienberatungen bedienen nur die klassischen Kommunikationskanäle. Es werden statische und unverständliche Webseiten mit Content bespielt, teure Informationsbroschüren, Flyer und Plakate gedruckt und kostenpflichtige Anzeigen zu Studieninformationstagen in regionalen Tageszeitungen geschaltet. Es scheint, dass nur passive „Push-Strategien“ in der Kommunikation mit Studieninteressierten Anwendung finden und ganzheitliche Strategien und Konzepte für eine nachhaltige und zielgruppenspezifische Ansprache im Zeitalter der „Digital Natives“ fehlen. Dabei zeigen die ersten Erfolgsmessungen der Kampagnen wie „Studieren in Fernost“ oder die Kampagne „Die Mastermacher“ der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in München welches immense Potenzial im E-Recruiting liegt. Studieninteressierte, Schüler und Young Professionals nutzen nämlich Soziale Netzwerke als tägliches Kommunikationsmittel. Sie treffen Freunde, Kollegen, Kommilitonen auf XING und Facebook, bewerten, empfehlen und „liken“ Produkte und Studiengänge in Foren, abonnieren Blogs und twittern über Handys. Sie gehören zu den so genannten „Digital Natives“, die mit Social Media stets online, weitläufig vernetzt sowie immer und überall erreichbar sind und nach Informationen und Hilfestellungen in ihren Netzwerken suchen.
Für ein nachhaltiges Studierendenmarketing sind ganzheitliche Strategien und Anpassungen der Prozesse erforderlich
Wenn Pressestellen und Studienberatungen ihre Maßnahmen für eine bessere Informationsarbeit ernsthaft dem Informationsbedarf der Studieninteressierten (Bachelor, Master, Incomings und Weiterbildungsinteressierte) anpassen wollen, sollten sie ihre knappen Ressourcen nicht nur in die ”Onpage-Kosmetik” investieren. Die Lösung liegt in einer Web Enabling Strategy, die eine weitreichende Anpassung der Prozesse und Strukturen erfordert und auf einem zukunftsorientierten Modell basiert. Die suchmaschinenoptimierte Universitätswebsite mit der Konzeption einer bedarfsorientierten Landingpage ist dabei die letzte Maßnahme in diesem Prozess.
Grenzen im Studierendenmarketing vs. Studienberatung
Anhand einer serviceorientierten “Studienberatung” wird schnell deutlich, dass die bisherigen Grenzen zwischen dem Studierendenmarketing, der klassischen Studienberatung und der Öffentlichkeitsarbeit zunehmend ineinander übergehen. Dabei sind die ethischen Aspekte einer neutralen und kostenlosen Studienberatung zu beachten. Denn Studienberatungen sind unabhängig und dienem dem Individium und nie der Institution Hochschule. Bei den Überlegungen zum Miteinander dieser zweier angenommener Gegensätze sind demnach klare Aufgabenbereiche in der Innen- und Außenwirkung zu definieren um schon im Vorfeld Interessenkonflikte zu vermeiden. Zum Aufzeigen der Grenzen im Studierendenmarketing versus Studienberatung wurde das vereinfachte AIDA-Modell von Lewis als Werbewirkungsprinzip angwendet.